// Fachartikel

TextilWirtschaft: "Es wird Nachhol-Effekte für Sommerware geben"

Marc Unterbrink, Partner bei hachmeister + partner, über den Abschluss des ersten Halbjahres, was die Konsumenten jetzt suchen und welche Herausforderungen derzeit die größten sind.

Veröffentlicht am 17.07.2024

Marc Unterbrink, Partner bei hachmeister + partner zum Thema Benchmarking und Analyse im Modehandel
Magazin > TextilWirtschaft: "Es wird Nachhol-Effekte für Sommerware geben"

"Es wird Nachhol-Effekte für Sommerware geben"

Marc Unterbrink, Partner bei hachmeister + partner, über den Abschluss des ersten Halbjahres, was die Konsumenten jetzt suchen und welche Herausforderungen derzeit die größten sind.

TextilWirtschaft: Wenn Sie das erste Halbjahr im deutschen Modemarkt mit einem Wort beschreiben müssten, welches Wort wäre das?
Marc Unterbrink: Durchwachsen.

Wie haben sich die Umsätze in Ihrem Panel im 2. Quartal und im 1. Halbjahr insgesamt entwickelt?
Das zweite Quartal 2024 hat das Umsatzergebnis erheblich negativ beeinflusst: Für das zweite Quartal haben wir ein Umsatzminus von 4,4% zum Vorjahr festgestellt, was das aufgelaufene Ergebnis auf minus 1,3% zum Vorjahr gemindert hat.

Was waren die größten Herausforderungen?
Eine große Herausforderung stellte wie üblich das Wetter dar. Wetterextreme werden immer regelmäßiger und lassen sich nicht kontrollieren. Eine weitere Herausforderung ist aktuell die wirtschaftliche Situation. Viele Konsumenten können aktuell nur ein geringes Budget für Bekleidung einplanen. Dies wirkt sich natürlich auf die Händler aus, deren Kosten ebenfalls gestiegen sind – bei geringeren Umsätzen.

Gerade das 2. Quartal war wettertechnisch nicht gerade sommerlich, wie hat sich das auf die Modenachfrage ausgewirkt?
Es wirken mehrere Faktoren und Einflüsse auf die Modenachfrage mit ein. Darunter fällt nicht nur das Wetter, welches in den letzten Wochen allerdings tatsächlich nicht der hochsommerlichen Mode entsprach. Unter anderem deshalb war die Kauflust verhalten, was sich auch an der negativen Frequenzentwicklung seit April festmachen lässt.

Wie war der Juni in Ihrem Panel?
Der Juni schloss im H.I.T.-Kreis leider mit einem negativen Umsatzergebnis (minus 10,6%) zum Vorjahr ab. Auch die Frequenz zeigte in diesem Monat keine gute Entwicklung, mit minus 9,8% zum Vorjahr. Der Juni 2023 brachte allerdings auch eine sehr starke Vorlage mit sich, die es im Juni 2024 sehr schwer machte.

Wie haben sich die wichtigsten Kennzahlen im ersten Halbjahr entwickelt?
Die LUG hat sich im ersten Halbjahr aufgelaufen nur leicht um 0,1 Prozentpunkte verringert. Die gestiegenen Abschriften (plus 0,5 Prozentpunkte) schmälerten die erzielte Kalkulation um 0,1 Prozentpunkte. Das zweite Quartal hatte einen besonders negativen Einfluss auf die Abschriften (drei Monate rollierend per Juni 2024 plus 0,8 Prozentpunkte). Auch der Nettorohertrag sank um 1,5% in den ersten sechs Monaten. Die durchschnittlichen Ausgaben je Kunde sind zwar um 0,6% gestiegen, jedoch sind die Kauftage je Kunde um 1,8% gesunken.

Wie stellte sich das Sale-Verhalten des Handels insgesamt dar?
Der Handel hat sich mit Sale-Phasen lange zurückgehalten, was so genau richtig war. Es gibt in den kommenden Wochen aus meiner Sicht auch noch Potenzial, Sommerware zum Vollpreis abzuverkaufen.

Welche Produkte waren in DOB und HAKA besonders gefragt?
In der aufgelaufenen Betrachtung sehen wir bei den Damen die Röcke sehr weit vorne mit plus 27,3% zum Vorjahr, gefolgt von den Pullovern (plus 11,6%). Bei den Herren performten aufgelaufen die Pullover mit plus 5,9% zu 2023 am besten, gefolgt von Freizeithemden und Freizeithosen. In der DOB schloss aufgelaufen fürs erste Halbjahr die Stilgruppe Modern Classic Premium mit einem Umsatzplus von 7,5% zum Vorjahr am besten ab. Schlusslicht bei den Damen war die Stilgruppe Modern Woman Mainstream mit Minus 2,6%. Die Gewinner-Stilgruppe in der HAKA war ebenfalls Modern Classic Premium mit plus 1,9% zum Vorjahr. Der Verlierer von den relevanten Stilgruppen ist die Trendy mit minus 9,4%.

Was erwarten Sie nach diesem Halbjahr für das Gesamtjahr?
Ich bin positiv gestimmt, dass wir Nachhol-Effekte für die Sommerware in den kommenden Wochen erleben werden. Die Ergebnisse des ersten Halbjahres werden dann hoffentlich durch die zweite Jahreshälfte gedeckt und kompensiert werden.

Was werden die größten Herausforderungen in den kommenden sechs Monaten sein?
Es gibt mehrere Herausforderungen, die es so gut wie möglich zu händeln gilt. Darunter fällt zum einen die Warenverfügbarkeit zum richtigen Zeitpunkt, um die Kunden bedienen zu können, aber keine Überbestände zu haben, bzw. die eigenen Margen zu schützen. Die Lösung hierfür sind KI-gestützte Tools, die dynamisch auf Nachfrageänderungen reagieren und mit Prognosemodellen z.B. für eine optimale Einsteuerung der nachorderfähigen Ware sorgen. Eine weitere Herausforderung ist die niedrige Besucherfrequenz in den Geschäften, die durch zunehmend schwindende Attraktivität mancher Innenstädte und durch 'interessante' Verkehrspolitik zunehmend verschärft wird. Daraus resultierende Überbestände von Saisonware müssen am Ende der Saison entweder abgeschrieben oder über Kooperationsmodelle gelöst werden, was finanzielle Verluste und Wertvernichtung für alle Beteiligten bedeutet.

TextilWirtschaft, Aziza Freutel: "Es wird Nachhol-Effekte für Sommerware geben" (Mittwoch, 17. Juli 2024)

// Magazin

Weitere Artikel


© 2024 hachmeister + partner