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Die digitale Welt ist ein komplexes Spielfeld. Mit über zehn Jahren Erfahrung in der Mode- und Schuhbranche liefert Mirko Torbrügge als Head of Sales & Marketing bei hachmeister + partner Einblicke in die Anforderungen des Marktes und die Herausforderungen des digitalen Marketings. Im Interview erklärt Torbrügge die Besonderheiten der gängigen Social-Media-Kanäle, wie auch kleinere Marken Synergien nutzen können und welche Rolle KI in der Zukunft der Kampagnenplanung spielen wird.
Veröffentlicht am 19.11.2024
Die digitale Welt ist ein komplexes Spielfeld. Mit über zehn Jahren Erfahrung in der Mode- und Schuhbranche liefert Mirko Torbrügge als Head of Sales & Marketing bei hachmeister + partner Einblicke in die Anforderungen des Marktes und die Herausforderungen des digitalen Marketings. Im Interview erklärt Torbrügge die Besonderheiten der gängigen Social-Media-Kanäle, wie auch kleinere Marken Synergien nutzen können und welche Rolle KI in der Zukunft der Kampagnenplanung spielen wird.
FASHION TODAY: Social Media haben sich längst als Kommunikations- und Absatzkanäle etabliert. Aber wer braucht da was? Können Sie uns ganz kurz die gängigen Kanäle wie Instagram, TikTok, X oder facebook einordnen?
Mirko Torbrügge: „Jeder Social-Media-Kanal erfüllt unterschiedliche Funktionen und spricht unterschiedliche Zielgruppen an, weshalb die Auswahl kanalübergreifend strategisch abgestimmt sein sollte. Auch ist nicht jeder Kanal für jedes Produkt und jede Firma der richtige und sollte individuell ausgewählt sowie mit differenziertem Content bespielt werden. Jeder Kanal hat seine Stärken und Schwächen, weshalb eine maßgeschneiderte Kombination je nach Markenstrategie entscheidend ist. Auch ist LinkedIn mit wachsender Wichtigkeit zu nennen: Hier hat sich die Posting-Anzahl in den letzten zwölf Monaten verdoppelt und neben Business-Influencern entwickeln immer mehr Unternehmen ihre eigenen Corporate-Influencer-Programme.“
Die richtige Auswahl – was kann welcher Social-Media-Kanal?
Wer ist wo unterwegs und wie gut eignen sich die einzelnen Kanäle für Image- beziehungsweise Markenbildung und Verkauf?
„Instagram ist optimal für Markenbildung und visuelles Storytelling, da es gezielt Inspiration und ästhetischen Wert vermittelt. Für den Verkauf ist es durch zielgruppengenau ausgespielte Ads ideal geeignet, da der Weg von der Inspiration zum Kauf kurz ist. Dreh- und Angelpunkt sind hier (authentische) Influencer; Marken- und Unternehmenscontent hat es hier deutlich schwerer.
TikTok eignet sich hervorragend für die Adaption von Trends, besonders bei jungen Konsumentinnen, da viel Wert auf Unterhaltung und kreative Interaktion gelegt wird. TikTok bietet ebenfalls die Schaltung von Ads an, jedoch nicht so zielgruppengenau wie Instagram. Es kann hier gut von Trends profitiert werden, jedoch ist die Kurzweiligkeit der Plattform zugleich die größte Herausforderung in der Content-Erstellung sowie auch einer (Absatz)-Planung.
X (Twitter) ist weniger für direkten Verkauf geeignet, kann aber für die Markenbildung und das Teilen von Meinungen oder aktuellen Inhalten genutzt werden. Dies gilt es allerdings vorausschauend zu teilen, da die Meinungen auf dieser Plattform sehr kontrovers sind. Es spricht eine eher informationsgetriebene Zielgruppe an.
Facebook spielt immer noch eine starke Rolle im Community-Aufbau und Kundenservice. Markenbildung kann hier durch Gruppen und Events gefördert werden.“
Was ist der große Unterschied zum Internet?
„Social Media sind interaktiver, unmittelbarer und dialogorientierter als klassische Websites. Im Gegensatz zu statischen Internetauftritten ermöglichen Social Media einen kontinuierlichen Austausch mit der Zielgruppe in Echtzeit. Nutzer*innen können ihre Meinung direkt äußern, Inhalte teilen und aktiv an der Markenkommunikation teilhaben. Außerdem bieten die Plattformen Möglichkeiten zur detaillierten Segmentierung und Personalisierung, die weit über klassische Websites hinausgehen. Zudem haben Social-Media-Kanäle eine deutlich schnellere Content-Bespielung.“
Welche Gemeinsamkeiten gibt es?
„Gemeinsam ist dem Internet und den sozialen Medien, dass sie beide primär digitale Kanäle sind, die dazu dienen, eine breite Öffentlichkeit zu erreichen und Informationen zu teilen. Sowohl das Internet allgemein als auch Social Media dienen als Plattformen für Werbung, Markenaufbau und, zunehmend, für den direkten Verkauf. Sie bieten zudem umfangreiche Tracking- und Analysemöglichkeiten, die eine datengestützte Optimierung von Marketingkampagnen ermöglichen.“
Gemeinhin gilt, die Masse machts, es geht um Sichtbarkeit. Wie können auch kleine Marken und Händler Social Media erfolgreich ausspielen?
„Kleine Marken können durch gezieltes und kreatives Storytelling und Nischenmarketing viel erreichen. Oftmals hilft ein spezifisches und klares Image, das Konsumentinnen direkt anspricht. Ein Beispiel wäre die Nutzung von Micro-Influencern: Diese haben oft ein enges, vertrauensvolles Verhältnis zu ihrer Zielgruppe und können für eine kleine Marke authentische Empfehlungen aussprechen. Auch das Community Building auf Instagram oder TikTok, zum Beispiel durch regelmäßige Updates und interaktive Stories, ermöglicht eine engere Bindung zur Zielgruppe. Praktisch ist, dass Maßnahmen genauestens getrackt und ausgewertet werden können.“
Wie können Marken und Händler hier Synergien heben?
„Auch Marken und Händler können im direkten Zusammenschluss gemeinsamen Content erstellen und ausspielen, was sowohl auf das Image der Marke als auch auf den Händler einzahlt. Darüber hinaus können Synergien insbesondere durch eine plattformübergreifende Strategie erzielt werden, die die Stärken der einzelnen Kanäle verbindet. Beispielsweise können Inhalte zunächst auf einer Plattform getestet und anschließend auf anderen Plattformen gezielt für die jeweilige Zielgruppe adaptiert werden. Weiterhin sind auch gemeinsame Aktivitäten von Marken und Händlern im Hinblick auf Influencer Marketing und User-Generated Content denkbar.“
Wo gibt es Fallstricke?
„Fallstricke liegen unter anderem in der Verwendung von Bild- und Videomaterial, das nicht ausreichend lizenziert ist. Gerade auf Social Media besteht eine große Gefahr, dass Bilder oder Musik ohne Genehmigung genutzt werden, was Urheberrechtsverletzungen nach sich ziehen kann. Hierunter fallen auch KI-generierte Inhalte, wo die Rechtslage für die Verwendung teilweise noch nicht geklärt ist beziehungsweise sich im kommenden Frühjahr ändern wird. Auch das Thema Datenschutz ist entscheidend: Viele Plattformen setzen Tracking und Datenanalyse voraus, was bei unsachgemäßer Anwendung rechtliche Konsequenzen haben kann. Ein weiterer Fallstrick ist die Transparenz: Authentizität ist enorm wichtig, weshalb die Kennzeichnung von Werbeinhalten oder Influencer-Kooperationen klar erfolgen muss. Unklare Kommunikation schädigt das Vertrauen in die Marke.“
Die KI stößt das Tor zu einer sehr viel größeren Datenwelt auf. Was erwarten Sie hinsichtlich der Social-Media-Kampagnen?
„KI wird die Personalisierung von Kampagnen auf ein neues Niveau heben. Wir werden zunehmend ‚intelligente‘ Kampagnen sehen, die auf das individuelle Nutzerverhalten reagieren können. Die Analyse von Verhaltensdaten, zum Beispiel, welche Inhalte Konsumenten am meisten ansprechen, ermöglicht es, Kampagnen in Echtzeit anzupassen oder zumindest in vielschichtiger Art und Weise differenziert auf den Nutzer*innen auszuspielen. Davon abgesehen, sehen wir bereits zahlreiche KI-generierte Model-Produktbilder. Momentan halten sich die Kosten zu einem traditionellen Shooting inklusive Reise noch die Waage. Dies wird sich aber in absehbarer Zeit ändern. Es gilt abzuwarten, welchen Impact dies mit der Authentizität und Emotionalität in der Kundenansprache haben wird. Behind-the-Scenes-Einblicke gibt es dann jedenfalls nicht.“
FASHION TODAY, Markus Oess: „Die Vielfalt strategisch nutzen“ (Ausgabe November 2024)
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